Motion Aware - Feldenkrais

Texte zum Thema Feldenkrais

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Das kleine Schweizer Taschenmesser

Evolution läuft nicht von A nach B Evolution verbringt genaugenommen die meiste Zeit damit, in irgendwelche Gässchen, Höhlen und Spalten zu marschieren, um dort auf die Schnauze zu fallen oder sich blaue Flecken zu holen.

Evolution lief nicht von A nach B Wenn man von B nach A zurückschaut, so vermeint man einen relativ geraden Weg zu sehen, der nach B führt. Manche neigen zu dem Postulat, der Weg sei dazu da, um nach B zu führen ("Krone der Schöpfung"). Das stimmt nicht. Man betrachte einen Baum: Jede einzelne Knopse an den Zweigenden neigt zu dem festen Glauben, daß sie das Ende des Baumes sei. Von unten (von der Wurzel her, also in der Richtung der Entstehung) sieht das ganz anders aus! Das ändert sich auch nicht, wenn eine Knospe besonders groß oder bunt ist oder durch eine zufällige Entwicklung eine neue Methode zu stinken entwickelt hat.
Evolution ist keine olympische Disziplin Bei einem Wettlauf stellen sich alle in Reihe auf, dann kommt der Startschuß, wer zuerst über die Zielgerade rennt, hat gewonnen. Die "Rennen" der Evolution hingegen werden nicht mit der Brust entschieden, die zuerst ein in einer definierten Entfernung aufgespanntes Band berührt, sondern mit dem Arsch, der zuerst oder überhaupt oder zuletzt (!!!) sich an einem gemütlichen Plätzchen (dauerhaft) niederläßt.
Evolution kennt nur ein Ziel Und das heißt "Leben". Wenn gemütlich und bequem nicht drin ist, dann wenigstens Überleben. Wenn individuell das nicht geht, dann wenigstens Überleben der Spezies, der Gattung, der Gruppe. Wenn das auch nicht drin ist, dann geht eben irgendwas anderes. Das Ziel wurde nicht demokratisch oder durch ein Fachgremium festgelegt, sondern es ist einfach so. Genaugenommen kann der Prozeß Evolution als Funktion des Lebens betrachtet werden, aber das kann man in viele Richtungen (bis hin zum Gaia-Modell) drehen und wenden.
Evolution kennt keine Nebenziele Folgende Dinge werden von Teilnehmern, die in irgendwelchen Teildisziplinen in irgendeinem Parameter gerade glänzen, als Ziel der Evolution behauptet, obwohl sie nur Mittel zum Zweck (zum Ziel bzw. überhaupt zum weiterkommen) sind: Fähigkeit zur schnellen Anpassung, buntes Gefieder der männlichen Teilnehmer, Fähigkeit zur flexiblen Anpassung an extreme Umweltsituationen, tagelang ohne Zwischenlandung Fliegen zu können, Intelligenz, Lebengebären unter Wasser, Körpergröße, Religion, Ultraschallortung in Höhlen, bunte Tupfen auf dem Fell, Bausparverträge, die Fähigkeit in das Exoskelett eingedrungene Fremdpartikel mit Karbonatausscheidungen einzuhüllen, aufrechter Gang, Püschelohren und "Lindenstraße".
Evolution ist irreversibel Evolution funktioniert in eine Richtung, nicht hin und her. In unseren Begriffssystem gibt es daher ein "vorher..nachher" und somit in jeder Betrachtungslinie eine Stufenmodell, wo Exponat 2 nach (räumlich aufgestellt: über/oberhalb) Exponat 1 kommt. Jeder einzelne Teilnehmer jeder derartigen Stufenleiter stellt übrigens in seiner Zeit und in seiner jeweiligen ökologischen Nische den "Champ" dar. Da die Stellenbeschreibung dieser "Lebensplätze" von einem höchst komplizierten System von externen Faktoren bestimmt wird, gibt es hier KEINE qualitative Wertung innerhalb einer "Stufenleiter". Ein Homo sapiens sapiens kann noch so oft sich brüstend krakelen, daß ER Lesen und Schreiben kann: Auf dem ökologischen Arbeitsplatz eines Autralopithecus liegt seine Überlebenserwartung im Bereich von wenigen Stunden.
Evolution ist primär kein Laufwettbewerb Nicht der rennt (= entwickelt sich schnell), der auf der Gewinnerstraße ist, sondern nur der, der es nötig hat! Die echten "Winner" sitzen gemütlich mit dem Hintern im Warmen, nur die anderen müssen Hektik, Eile und neue Konzepte entwickeln. Wer sich genug geplagt hat und dann wieder auf die alten "Winner" trifft, mag mit den neu erworbenen Fähigkeiten gute Karten haben. Oder auch nicht. Meistens nicht! Die alten "Winner" werden oft durch neue / veränderte exogene Faktoren liquidiert, nicht durch die neuen Möchtegerns.
Evolution ist keine Kulturwissenschaft Termini, die nur im Kontext einer Kulturwissenschaft Bedeutung haben, sind in der Natur erstmal bedeutungslos. Evolution und Evolutionsereignisse sind nicht "göttlich", "gut", "rassistisch", "böse", "politisch korrekt", demokratisch", "eurozentrisch" und "auf die Zielgruppe von 16 bis 39 abgestimmt". Wenn es Interferenzen zwischen Kulturwissenschaft und Evolution gibt (z.B. die Entwicklung von Religion), so ist die kulture Entwicklung eine Manifestation der Evolution und nicht umgekehrt!
Und wer bekommt nun den Lorbeerkranz? Wie modern dünkt uns das Wort vom "Leben im Einklang mit der Natur". Tatsächlich ist dies der jahrmilliardenalte, allererste Eintrag in dem von Mutter Natur herausgegebenen Handbuch für Kandidaten 'Life on Terra'. Den Kranz bekommt also die Lebensform, die ohne den krampfhaften Zwang zur Anpassung (die ja eher eine Reparaturmaßnahme, als eine absichtliche Weiterentwicklung darstellt) ihre Nischen gefunden hat und seit Urzeiten gemütlich und erfolgreich bewohnt. Ich nominiere daher die Gattungen Lingula und Limulus! Beide haben über viele, viele Millionen Jahre hinweg mühelos globalen Klimawechseln, Umstrukturierungen der Welthabitate durch Kontinentaldrift und Meeresspiegelschwankungen, Impacts, Eiszeiten und sogar dem rezenten Wüten der Primaten getrotzt! Möge sie das post- glaziale Affenrennen mit dem Gleichmut betrachten, der ihrer Altersweisheit entspricht!
Text: Michael Link

limulus
lingula